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Verlag Harald Voß
Für Hertha auf Abenteuer-Trip

(Bericht vom UEFA-Cup-Spiel Viking Stavanger - Hertha BSC am 16.10.2001 von Thomas Jasper)

Als uns in Nyon für die zweite UEFA-Cup-Runde das Los "Viking Stavanger" beschert wurde, war ich erst mal enttäuscht. Nun musste es ja nicht gleich Mailand, Ajax oder PSG sein und ich möchte unseren norwegischen Mitgliedern nicht zu nahe treten, aber skandinavische Clubs fand ich bis auf einige wenige Ausnahmen (IFK Göteborg, Malmö FF) schon immer ziemlich unattraktiv. Es mag daran liegen, dass in solchen Ländern Fußball nicht unbedingt Sportart Nummer 1 ist und deshalb bei deren Heimspielen nicht sonderlich große Stimmung zu erwarten ist. Da hätte ich mich schon eher für eine Auswärtsfahrt nach Sofia oder Moskau begeistern können, obwohl solche Städte genauso schwierig zu erreichen sind.

Alles Jammern half nichts, schließlich konnte ich keine neue Auslosung fordern, in der Hoffnung, es würde irgendwann einmal mein persönliches Traumlos gezogen werden. Es ist zum Glück eben kein Wunschkonzert und weil ich stets darum bemüht bin, zu jedem Europa-Cup-Spiel der Herthaner zu reisen, musste man sich nun mal etwas einfallen lassen. Als erstes wurden die Linienflüge gecheckt, aber bei über 2000 DM hätte ich mich vor 10 Jahren wohl besser für einen anderen Beruf entschieden. Aufgrund fehlender Nachfrage wurde dann auch noch der in Aussicht gestellte Fan-Flieger abgesagt und als ich erfuhr, dass die Fanbusse bereits am Sonntag aufbrechen würden, sah ich mich schon vorm Fernseher sitzen, weil ich am Sonntag noch arbeiten musste. Als letzter Ausweg kam mir die Idee, mit dem Zug nach Norwegen zu fahren und je öfter ich mir die Verbindung im Internet ansah, desto sympathischer wurde mir der Gedanke, auf Abenteuerreise zu gehen, frei nach dem Motto: "Der Weg ist das Ziel".

Nachdem ich eine Nacht über die eigentliche Schnapsidee geschlafen hatte, steuerte ich relativ entschlossen das DB-Reisezentrum an, um die Fähre zu buchen und die Fahrkarten zu kaufen. Beim Packen der Tasche musste dieses Mal genügend Proviant verstaut werden, denn die Reise sollte lang werden und solche Geschenke wie einen Döner für 16 DM, ein Elchsteak mit Beilagen in einem netten Restaurant für ca. 80 DM oder ein Bier (0,4 l) für 12 DM konnte ich nun wirklich nicht annehmen, bescheiden wie ich bin.

Montag morgens um 8:00 Uhr sollte also die Reise beginnen. Zunächst führte mich der Weg nach Hamburg und nach kurzem Aufenthalt weiter nach Fredericia in Dänemark. Hier gab es schon das erste kleinere Problem beim Umsteigen, denn der Zug, in den ich umsteigen musste, bestand aus mehreren Zugteilen, die irgendwann getrennt wurden und in verschiedene Richtungen weiterfuhren. Dumm ist nur, dass an den Zugteilen außen nichts über deren jeweiliges Ziel stand (im Gegensatz zu Deutschland, wo es dieses Prozedere mit den Zugteilungen auch gibt). Um dieses Problem zu lösen, musste ich gegenüber der Schaffnerin erstmals meine wenigen Englischkenntnisse zum Besten geben. In Aalborg nutzte ich dann die letzte Gelegenheit, in den richtigen Zugteil umzusteigen, um nach Hjoerring zu gelangen. Von dort waren es noch einmal ca. 30 Minuten mit dem Bus und um 21 Uhr erreichte ich den Fährhafen von Hirtshals. Noch an der Bushaltestelle lernte ich einen anderen Deutschen kennen, der dieselbe Fähre gebucht hatte. Wenigstens war jetzt dafür gesorgt, die Zeit bis zur Abfahrt zu überbrücken. Nach dem Einchecken erzählte er mir bei einem gemütlichen Bierchen in der Wartezone, dass er regelmäßig schon seit 25 Jahren nach Norwegen in seine Hütte fährt und auch sonst machte er mich schon ziemlich neugierig auf dieses Land. Als ich ihm den Grund meines Reisezieles erklärte, löste das bei ihm ziemliche Bewunderung aus, obwohl er sich aus Fußball überhaupt nichts machte. Kommt auch nicht oft vor.

Es dauerte nicht lange, da passierte genau das, was ich schon den ganzen Tag geahnt hatte: Ich traf die ersten Herthaner, die mit dem Auto nach Stavanger unterwegs waren und logischerweise ebenfalls mit der Fähre übersetzen mussten. Meine Freude war dementsprechend groß, als ich Helmut und Uwe sah, die ihr Auto allerdings in Hirtshals stehen gelassen hatten, um dann in Norwegen, genau, wie ich es auch vorhatte, mit dem Zug weiterzufahren.

Um 01:15 Uhr legte dann unser Schiff ab und ich begab mich gleich in meine preiswerte "Unterwasserkabine". Der Tag hatte doch etwas geschlaucht und man war zufrieden, wenigstens für knapp 5 Stunden seine Augen pflegen zu können, bis wir schließlich das andere Ufer erreichten. Von Kristiansand aus folgte als letzte Etappe der Hinfahrt die dreistündige Zugfahrt nach Stavanger. Das erste, was uns in Norwegen auffiel, war die Lockerheit der Einheimischen. Im gesamten Zug gab es nur Nichtraucherplätze, was Helmut und Uwe als Raucher natürlich erst mal enttäuschte. Bei der Fahrkartenkontrolle fragte uns der Schaffner, ob wir rauchen möchten und erklärte daraufhin unser Abteil zur Raucherzone. In Deutschland undenkbar, genauso, dass man einen Kaffee sozusagen auf Kosten des Hauses bekommt.

Sehr beeindruckend fanden wir auch die Landschaft. Schaute man aus dem linken Fenster, sah man u.a. die Weiten des Meeres, rechter Hand konnte man die teils riesigen Berge mit zahlreichen Gebirgsbächen bewundern. Einfach einmalig... Mittags erreichten wir endlich das Ziel unserer Reise. Stavanger liegt im Südosten Norwegens und ist mit fast 100.000 Einwohnern für dortige Verhältnisse bereits eine Großstadt. Auffällig vor allem, welch sauberen und gepflegten Eindruck die Stadt macht. Die Meinung meiner "Hafenbekanntschaft", es sei die hässlichste Stadt Norwegens, kann ich zumindest nicht teilen. Zugegebenermaßen habe ich bisher nur Stavanger kennen gelernt, aber wenn dem wirklich so ist, dann frage ich mich, wie einzigartig dann Oslo oder Trondheim aussehen müssen.

Als allererstes verstauten wir die Taschen im Schließfach und machten uns auf den Weg ins Mannschaftshotel, um uns die Eintrittskarten abzuholen, die man uns freundlicherweise gratis zur Verfügung stellte.

Die Mannschaft war in diesem Moment auf dem Sprung zum Nachmittagsspaziergang. Anschließend statteten wir dem Fanshop von Viking Stavanger einen Besuch ab, denn schließlich durfte der obligatorische Pin als Mitbringsel nicht fehlen. Nach der Besichtigung des Hafens und der Innenstadt ging es Richtung Stadion. Die letzten gut zwei Stunden bis zum Anpfiff vertrieben sich alle bereits Anwesenden mit einer Vorab-Stadionbesichtigung. Dabei wurden Uwe, Helmut und meine Wenigkeit in einen kurzen Small-Talk mit Rolf Töpperwien verwickelt. Die Frage, ob er nachher mit uns noch einen "Stroh-80" trinke habe ich mir aber verkniffen. Ja ja, wer den Schaden hat...

Um 17 Uhr war dann Anpfiff und es hatten sich immerhin ca. 150 Leute eingefunden, die Hertha BSC unterstützen wollten. Die Röber-Truppe spielte zwar wiederholt nicht besonders ansehnlich, aber wenigstens wurde gekämpft und letztlich war das 1:0 auch nicht unverdient. Dafür, dass die Norweger ein gutes Ergebnis vorlegen mussten, taten sie einfach zu wenig. Nach Spielende verließen wir direkt das Stadion in Richtung Bahnhof.

Um 22:45 Uhr sollte es mit dem Nachtzug wieder nach Kristiansand gehen. Problem war, dass der Fahrkartenschalter bereits geschlossen hatte, ich allerdings noch eine Reservierung benötigte, die für diesen Zug erforderlich war. Ich rechnete schon mit dem schlimmsten, aber wiederholt wurde man mit lockeren norwegischen Art konfrontiert. Den Schaffner interessierte einzig und allein meine Fahrkarte, nach der Reservierung fragte er nicht einmal. In Kristiansand hatten wir nun 6 Stunden totzuschlagen, es war einfach nur kalt und alle Aufenthaltsmöglichkeiten am Hafen und Bahnhof hatten geschlossen. Wieder waren wir auf die Gastfreundschaft angewiesen und fragten eine Polizistin, ob sie uns die Bahnhofshalle aufschließen könnte. Sie ließ sich nicht zweimal bitten und so hatten wir wenigstens ein warmes Plätzchen. Auf den harten Holzbänken holten wir uns dann noch eine Mütze Schlaf. Um kurz vor 8 Uhr durfte die Fähre geentert werden. Für die Rückfahrt hatte ich keine Kabine gebucht, also nahm ich mit den Busleuten auf den kuscheligen Sofas Platz. Die vierstündige Überfahrt wurde recht kurzweilig, denn die Lachmuskeln wurden mal wieder überstrapaziert. An Bord solcher Schiffe gibt es ja Spielautomaten wie Sand am Meer, die sich besonders bei Rentnerinnen besonderer Beliebtheit erfreuen. Wie mir von der Hinfahrt berichtet wurde, sind das komischerweise auch diejenigen, die in schöner Regelmäßigkeit die Dinger leerräumen. Mit jedem Bier mehr wurde über die anderen Passagiere abgelästert, weil man es ja mit denen machen kann, die sowieso kein deutsch verstehen (gemein zwar, aber wer weiß, wie oft unsereins im Ausland schon auf diese Art veräppelt wurde). Auch die betagten Glückspilze wurden davon nicht verschont und nachdem einer (Name dem Verfasser bekannt) sein letztes Kleingeld verzockt hatte, sprach er lauthals von Diskriminierung, denn es würden immer nur die, so wörtlich, "Weißhaarigen" gewinnen. Daraufhin meinte ein anderer: "Lass sie doch, es könnte ihr letzter Gewinn sein!" Zwischendurch erzählten einige wieder viele lustige Storys aus alten Hertha-Tagen.

Wieder in Hirtshals, erklärten sich Uwe und Helmut spontan bereit, mich mit dem Auto bis Hjoerring mitzunehmen. Dadurch bekam ich schon einen Zug früher als geplant nach Odense. In Odense nutzte ich die Zeit für eine kleine Innenstadtbesichtigung und den "McDonalds-Punkt Odense". Anschließend bestieg ich den Nachtzug nach Köln. Endlich konnte ich wieder ein paar Stündchen durchschlafen. Fix und fertig, aber dennoch überglücklich, erreichte ich um 7 Uhr morgens meine Wahlheimat.

FAZIT: Eine rundum gelungene Reise, bei der sich anfängliche Zweifel nicht im geringsten bestätigten. Was meine Vorbehalte bezüglich der Attraktivität skandinavischer Ländern im Allgemeinen betrifft, bin ich wirklich eines Besseren belehrt worden. Ich kann nur jedem ans Herz legen, sich einmal die einzigartige Landschaft dort anzuschauen, ebenso einmal eine ähnliche Abenteuerreise zu machen, auch wenn sie etwas stressig ist. Das sportliche Erfolgserlebnis war fast schon nebensächlich. Wie gesagt : Der Weg war das Ziel.







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