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Verlag Harald Voß
Der Aufstand der Fans - Die Initiative "Pro 15:30"

(von Harald Voß)

Wer hat sich noch nicht über die kurzfristigen Bundesligaansetzungen geärgert, die jegliche längerfristige Planung von Auswärtsfahrten so gut wie unmöglich machen? Schließlich müssen viele oft für ein Auswärtsspiel bei ihrem Arbeitgeber Urlaub beantragen - und das geht selten so kurzfristig. Wer hat sich noch nicht über die vielen Sonntagabend- bzw. Samstagabend-Spiele geärgert? So ist gerade auch der Sonntagabend eine Zumutung für Auswärtsreisende, die am Montag früh bereits wieder arbeiten müssen. Langfristig wird auf diese Weise der Fußball kaputt gemacht! So gehen die Zuschauerzahlen mittlerweile schon teilweise dramatisch zurück, in Berlin aufgrund der unsäglichen Platznummerierung besonders stark. Und auch die Sponsoren- und Fernsehgelder werden irgendwann nicht mehr so üppig fließen, wenn den Werbepartnern nicht mehr die "besondere Atmosphäre des Werbeumfeldes Stadion" angeboten werden kann, weil die Fans wegbleiben und die Stimmung im Stadion an die eines Kühlhauses erinnert.

So haben sich Fangruppen fast aller Bundes- und Zweitligavereine zusammengefunden und die deutschlandweite Faninitiative "Pro 15:30" ins Leben gerufen.

Die Initiative fordert die Abschaffung der Sonntagsspiele bzw. der Samstagsabendspiele in der Bundesliga bzw. der Montagsspiele in der 2. Liga. Außerdem verlangt sie einen verbindlichen Spielplan zu Saison- bzw. Rückrundenbeginn sowie eine ausgewogene Verteilung der Freitagstermine auf alle Vereine.

Seit Beginn der Rückrunde gibt es nun fast an jedem Spieltag immer wieder Protestkundgebungen in verschiedenen Stadien, so auch am 20. Spieltag beim Spiel VfL Bochum - Hertha BSC.

Als Hauptprotesttag wurde der 27. Spieltag auserkoren. Deutschlandweit sollten an diesem Tag verschiedenste Protestaktionen durchgeführt werden. Auch in Berlin waren diverse Plakataktionen, ausgehend vom Fanblock, geplant. So war neben Spruchbändern auf dem Oberring auch wieder das kollektive Hochhalten der 15:30 Banner geplant, wie es vorher bereits bei vielen anderen Spielen praktiziert worden war (am eindrucksvollsten wahrscheinlich am 24. Spieltag beim Spiel Borussia Dortmund - Eintracht Frankfurt, wo über 9000 Plakate beim Einlaufen der Mannschaften von beiden Fanseiten in die Höhe gehalten wurden). Lediglich die fehlenden finanziellen Mittel verhinderten eine noch größere Aktion. Deshalb sind natürlich neben dem persönlichen Engagement des einzelnen Fans auch immer Sach- und Geldspenden gerne gesehen - schließlich sollte die Protestaktion am 27. Spieltag nicht das Ende, sondern vielmehr erst der Anfang der geplanten Aktionen sein. Wie groß die Furcht der Verantwortlichen vor den Protesten ist, zeigt nicht nur das konsequente Ignorieren der Aktionen durch einige Medien der Kirch-Gruppe, sondern auch die Verbote von Seiten z.B. des Vereins Bayer 04 Leverkusen - ein Armutszeugnis für deren Demokratieverständnis, was uns diesen Verein sicherlich nicht sympathischer macht.

Unterstützt wird die Aktion übrigens auch ausdrücklich von den Fanbeauftragten der Bundesligavereine.

Eine im Kicker durchgeführte Umfrage belegt außerdem eindrucksvoll die Stimmung unter den Fans: Mehr als 86% der Teilnehmer stimmten dafür, Spiele ausschließlich am Freitagabend bzw. Samstagnachmittag durchzuführen! Eine klare Abfuhr an den DFB und die Fernsehsender für ihren zerrissenen Spielplan. Außerdem stellte der Kicker ein Alarmsignal fest: Bei 35% der Umfrageteilnehmer ist das Interesse an der Bundesliga in der letzten Zeit geringer geworden. Außerdem meinen über 60%, dass mittlerweile zuviel Fußball im Fernsehen gezeigt wird.

Hat man bis vor kurzem noch alle Kommerzialisierungen des Fußballs mehr oder wenig bereitwillig hingenommen - schließlich hat auch der Fan durchaus dafür Verständnis, wenn die Vereine wirtschaftlich gut über die Runden kommen wollen, ist das doch mittlerweile oft die Voraussetzung für sportlichen Erfolg - ist wohl nun das Fass übergelaufen!

Inzwischen haben sich viele Vereine (so auch Hertha BSC) in Kapitalgesellschaften umgewandelt, steht dort auch offiziell der sportliche Erfolg nicht mehr an erster Stelle des "Unternehmensziels". Die Spieler kassieren Millionen und fangen doch permanent an zu maulen, wenn sie mal wieder auf der Bank sitzen müssen - und dass sie für die Millionengehälter unbedingt besser spielen als noch vor ein paar Jahren, als noch keine solche astronomischen Summen gezahlt wurden, kann man auch nicht unbedingt behaupten. Vor Jahren wurde immer wieder die fehlende Identifikation der Fans mit den Spielern bemängelt, weil diese nicht mehr aus den angestammten Regionen des Vereins kamen - mittlerweile muss man schon froh sein, wenn überhaupt noch ein paar Spieler auf dem Platz stehen, deren Namen man problemlos aussprechen kann (Hertha BSC konnte da schon fast als positive Ausnahme gelten, wurden doch in der Vergangenheit bewusst Spieler aus der Region "zurückgeholt").

Kein Wunder, dass sich der normale Fan inzwischen oft als "geduldete Begleiterscheinung" vorkommt denn als Hauptperson des Profifußballs. Früher wurde der Fußball für die Zuschauer veranstaltet, heute für die Sponsoren, wo die Fans gerade noch als "Stimmung schaffende Verkaufshilfe" erwünscht sind. Doch nur allzu bald könnten diese Sponsoren abspringen, wenn die Zuschauer in den Stadien und vor den Fernsehschirmen wegbleiben und von Stimmung im Stadion schon gar nicht mehr zu reden ist.

Deshalb sollten die Verantwortlichen rechtzeitig reagieren und nicht immer die europäische Wettbewerbsfähigkeit als Maßstab nehmen. Die Fans wollen in erster Linie die Bundesliga sehen, wie auch die Kicker-Umfrage zeigt. Champions-League und UEFA-Pokal mögen ganz nett sein, sind aber nicht die Hauptsache. Es ist auch absolut nicht notwendig (und in Hinblick auf die deutsche Nationalmannschaft sogar fatal), dass in einigen Mannschaften bis zu 17 Nationalspieler aus ganz Europa stehen und deutsche Nachwuchsspieler keine Chance mehr bekommen.

Insofern kann man den neuen Kompromiss mit der EU bezüglich des Transfersystems nur als Glück bezeichnen, ermöglicht er doch den Vereinen in Zukunft, wenn die Einnahmen aus den Fernsehübertragungsrechten plötzlich drastisch sinken sollten, (wovon wir eigentlich ausgehen - der Fehlschlag des Versuchs des deutschen Pay-TV mittels der Ware Fußball die Abonnentenzahlen massiv zu steigern, zeigt, dass die jetzigen Summen so bald nicht mehr erreicht werden dürften), auf elegante Weise aus langfristigen, zu hoch dotierten Verträgen herauszukommen und kann so in naher Zukunft vielleicht den einen oder anderen Verein vor dem Konkurs retten. Die derzeitigen Gehälter jedenfalls sind total überhöht!

Nähere Informationen über die Initiative "Pro 15:30" gibt es im Internet unter: http://www.pro1530.de







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