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Verlag Harald Voß
Alles Beinlich oder was?

(von Harald Tragmann)

Es war am 4. November 2000 gegen Werder Bremen, als Stefan Beinlich in der 79. Minute sein fünftes Tor für Hertha erzielte. Gekonnt umspielte er zwei, drei Bremer und vernaschte dann auch noch Torhüter Frank Rost, als er den Ball zum 4:1 ins Netz schob und den fünften Sieg in Folge besiegelte - Bundesligarekord für Hertha. Mit 75 Ballberührungen war er der Spieler dieser Partie und Herthas Spielwitz trug seine Handschrift.

Wie sehr vermissen wir zur Zeit einen solchen Stefan Beinlich in den Reihen der Herthaner. Schon kurze Zeit später musste er erstmals wegen seiner Fußverletzung aussetzen. Nach kurzer Pause versuchte er zwar noch dreimal das Hertha-Spiel anzukurbeln, doch die Verletzung behinderte ihn zu sehr und seitdem ist auch nichts mehr von dem schönen Spiel zu sehen, das der Verein noch bot, als er sogar die Tabelle anführte.

Natürlich verletzten sich dann auch noch Deisler und Rehmer und Herthas Kreativabteilung war zwischendurch vollends außer Gefecht gesetzt, doch die Ideen eines Stefan Beinlich fehlen wohl am meisten.

Von den letzten acht Spielen gewann Hertha immerhin noch fünf und aufgrund der allgemein schlechten Ergebnisse in der Tabellenspitze mischt Hertha auch noch kräftig oben mit, doch wirklich überzeugend herausgespielt war keiner dieser Siege. Die letzten Heimspiele gegen Unterhaching und Hansa Rostock wurden dann auch dank eines unaufhörlichen Siegeswillens und eines sich ins Rampenlicht spielenden Pal Dardai gewonnen, der mit seinem Tor gegen Haching die Wende einleitete und seinem Treffer gegen Rostock in der 93. Minute für den Sieg sorgte. Dardai war der einzige Spieler, der auch in Cottbus zum kreativen Spiel beitrug, wenn man mal von den Ideen des Sebastian Deisler in der zweiten Hälfte nach langer Verletzungspause absieht. Aber einen richtig schönen Spielaufbau im Mittelfeld, der vor allem die Stürmer mit den nötigen Vorlagen versorgt, vermissen wir noch immer.

Hertha hat das beste Mittelfeld der Liga, schrieben wir zu Saisonbeginn und der Auftakt gab uns auch Recht. Mit Deisler, Beinlich, Dardai, Hartmann und Wosz war das Mittelfeld der Berliner nur schwer zu überwinden, doch nun krankt es an allen Ecken und trotz der Siege zwischendurch mag der Zuschauer schon gar nicht mehr hinsehen. Vier sieglose Heimspiele vor der Winterpause belegen die Misere.

Und apropos Heimspiele... die so gefürchtete Bastion Olympiastadion, der Hexenkessel, der vor zwei Jahren noch jeden Gegner beim Einlauf zum Zittern brachte, wurde systematisch demontiert. Es begann mit der Vergabe der festen Sitzplätze nach Erreichen der Champions-League, als die über Jahre hinweg geformten Fangruppen auseinandergerissen wurden.

Die Initiative 'Freie Platzwahl im Olympiastadion' erreichte zwar die Aufhebung dieser festen Sitzplatzvergabe für die Fanblöcke in den Bundesligaspielen ab dieser Saison, doch der Schaden war schon zu groß und die Fangruppierungen auseinandergerissen, ganz zu schweigen davon, dass die Fanblöcke durch den begonnenen Stadionumbau auf zwei gegenüberliegende Seiten verteilt wurden. Die sonst ansteckende Wirkung der singenden Blöcke auf den Nachbarblock entfiel und überhaupt hat kaum noch jemand Lust, sich in die riesige Baustelle, die mehr einem Sandkasten gleicht, zu begeben. Die Einführung aller Bundesligaspiele auf Premiere tut ihr Übriges sicherlich noch dazu.

Überhaupt hat man den Eindruck, dass es den Herren bei Hertha nur noch um den Profit geht und Tradition keine Rolle mehr spielt. Doch dabei hätte man gerade bei der Wahl der aktuellen Trikots mehr Geld mit Tradition verdienen können als mit den hässlichen silberschmutzigen Trikots, auf die man in den letzten Heimspielen schon aus Aberglaube verzichtete. Die isolierte Welt der Spitzenklubs wie Bayern und Dortmund hat nun auch in Berlin Einzug gehalten.

Wir alle wollten, dass Hertha wieder zur Spitze in der Bundesliga gehört und sich im europäischen Wettbewerb etabliert, aber wollten wir auch eine sterile Atmosphäre im Stadion, wo der verwöhnte Zuschauer jeden Fehlpass mit Pfiffen begleitet? Wenn ja, dann haben wir es geschafft, so zu sein wie Bayern oder Dortmund, wo die berüchtigte Südtribüne eigentlich auch nur dann richtig Stimmung macht, wenn Dortmund vorne liegt.

Doch wie soll es nun weitergehen? In der Tabelle liegt Hertha noch immer drei Punkte hinter dem Tabellenzweiten und hat die Möglichkeit, aus eigener Kraft die Champions-League zu erreichen. Vergessen wir nicht, dass ab der nächsten Saison wohl nur noch Platz drei zur Qualifikation berechtigt. Doch um wirklich in der Spitze mitspielen zu können, muss Hertha seinen Spielwitz vom Saisonstart wiederfinden. Wollen wir hoffen, dass die Blau-weißen die zwei Wochen Länderspielpause genutzt haben, um dafür einiges zu tun. Vielleicht sehen wir dann ja auch einen Stefan Beinlich wieder, der zum Saisonfinale dazu beitragen könnte, das Spiel erneut anzukurbeln und Hertha dabei zu helfen, sich doch noch unter den ersten vier Plätzen zu etablieren.

Von der Meisterschaft wollen wir lieber nicht reden, auch wenn noch viele davon träumen, was ja durchaus auch legitim ist, solange es rechnerisch noch im Bereich des Möglichen liegt. Doch bis Platz zwei ist sicherlich alles drin, denn so ausgeglichen wie dieses Jahr war die Ligaspitze wohl noch nie.







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