(von Marco Lutz)

Montag, 22.09.97 - 15.30 Uhr - Hanns-Braun Str. - Trainingsgelände

Die Mannschaft von Hertha BSC betritt den Platz, um wie gewohnt ihrer Arbeit nachzugehen. Alles wie immer? Leider nicht! Es herrscht riesiger Andrang an diesem Nachmittag, denn es ist das erste Training der Mannschaft nach dem "grottenschlechten" (O-Ton Trainer Röber) Spiel bei Hansa Rostock. Circa 100 Fans, vier Fernsehkameras und zahlreiche Journalisten verfolgen mit Spannung das Geschehen auf dem Platz. Ist es die Ruhe vor dem Sturm? Denn jeder hier weiß: Die nächsten beiden Spiele (DFB-Pokal in Stuttgart und Heimspiel gegen Köln) entscheiden über die sportliche Richtung der Mannschaft bzw. über die Zukunft von Trainer Jürgen Röber. Die Berliner Presse zeigte sich am diesem Montag von ihrer kritischen Seite und zerriß Mannschaft und Trainer - teils zurecht, teils unsachlich - nach allen Regeln der Kunst. Logischerweise waren die Spieler nach diesen scharfen Berichten eher maulfaul. Doch ,,Jolly" Sverrisson erklärte sich trotzdem bereit, kurz vor dem Abflug zum Pokalspiel nach Stuttgart dem "Hertha-Freund" ein Interview zu geben.

Marco Lutz: Jolly, wie ist die Stimmung im Moment bei Dir und was macht Deine Verletzung?

Eyölfur Sverrisson: Die Stimmung ist im Moment aufgrund des Tabellenstandes nicht so gut, wir müssen aber konzentriert weiterarbeiten, um bald den ersten Sieg einzufahren. Wir dürfen nicht die Geduld verlieren, denn wenn wir eine positive Serie hinlegen, sind wir bald wieder dran. Auch mit den neuen Spielern muß man noch etwas Geduld haben. Meiner Hand geht es soweit wieder gut. Nächste Woche kommt der Gips ab, aber auch jetzt ist es für mich kein Handicap.

Welchen Stellenwert hat für Dich das Pokalspiel bei Deinem ehemaligen Verein VfB Stuttgart?

Ja, es ist ein verdammt schweres Los für uns. Wir wollen auf jeden Fall weiterkommen und uns dadurch neues Selbstvertrauen für die Bundesliga holen. Eigentlich ist die Bundesliga für mich wichtiger.

Hast Du noch Kontakte zum VfB Stuttgart?

Nein, ich habe keine Verbindung mehr zum VfB. Die Spieler, mit denen ich noch Kontakt hatte, sind mittlerweile alle weg.

In Rostock hat Dich der Trainer nach dem 0:2 in den Sturm geschickt. Bleibt es so oder war es eine Ausnahme?

Naja, ich habe ja auch schon in Stuttgart und bei Besiktas lstanbul im Sturm wie auch im defensiven Mittelfeld gespielt. Ich habe schon viel ausprobiert. Eigentlich spiele ich überall gerne, wenn wir dadurch Erfolg haben, und wenn der Trainer meint, ich soll vorne spielen, dann mache ich das.

Über das 0:4 in Rostock brauchen wir wohl nicht mehr zu sprechen. Siehst Du persönlich Möglichkeiten, da unten rauszukommen?

Wir haben uns nach dem Spiel natürlich zusammengesetzt. Wie ich vorhin schon sagte, man darf nicht die Geduld verlieren. Wir müssen weiter konzentriert arbeiten. Es gab auch gute Spiele, die wir hätten gewinnen müssen. Wichtig ist auch, daß wir halt mal eine Serie von 2-3 Siegen hinlegen. Mannschaft und Fans müssen daran glauben, dann klappt es auch.

Ihr spielt jetzt gegen Köln und dann in Schalke. Danach ist Länderspielpause. In diesen müßt Ihr unbedingt punkten!

Ja, auf jeden Fall. Wir gehen in jedes Spiel, um zu gewinnen und werden alles daran setzen, in Stuttgart und gegen Köln zu gewinnen.

Wie bist du eigentlich zu Deiner Rückennummer 6 ( letztes Jahr 22 ) gekommen?

Bei mir wurde es bestimmt. Ich hätte gerne die 22 behalten, nun trägt sie Carsten Lakies.

Themawechsel: Bist Du sehr enttäuscht über das Ausscheiden mit der isländischen Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation?

Nein, eigentlich nicht, denn wir haben jetzt einen Neuaufbau in der Nationalmannschaft. Deswegen haben wir auch keine allzu großen Erwartungen gehabt. Einige unserer jungen Spieler haben sich gut entwickelt, so daß wir in rund 2 Jahren eine wesentlich stärkere Mannschaft haben werden.

Jolly, wie lenkst Du Dich in solchen Phasen wie jetzt ab?

Meine Leidenschaft ist die Musik. Ich höre sie, spiele aber auch sehr gerne Gitarre. Dabei kann ich sehr gut meine Ruhe finden.

Jolly, vielen Dank für das Interview. Dir und der Mannschaft wünscht der HerthaFreund, daß Ihr so schnell wie möglich da unten rauskommt.

Eyjölfur Sverrisson